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Mouches
volantes und Meditation mit offenen Augen
Das Phänomen der Mouches volantes wird in unserer Kultur vorwiegend im Einklang mit der modernen medizinischen Sicht verstanden, wo es als „Glaskörpertrübung“ gilt. Aussereuropäische und frühere religiöse Traditionen geben hingegen Hinweise darauf, dass Mouches volantes als spirituelles oder kosmisches Phänomen gedeutet wurden: Ihre Bilder, Mythen und Symbole zeigen immer wieder Strukturen, die auch für die Punkte und Fäden in unserem Blickfeld typisch sind. Das Sehen von Mouches volantes könnte somit vielfältiger sein, als uns heute bewusst ist. In Teil 1 dieses Artikels werden schamanische, ekstatische und seherische Aspekte der Veden benannt und Mouches-volantes-Formen im Soma-Ritual festgestellt.
Der Hauptartikel
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Mouches volantes und ihre Bedeutung wurden je nach Zeit, Kultur und Persönlichkeit der Beobachterin oder des Beobachters verschieden interpretiert. Eine spirituell bedeutsame Ansicht über die Mouches volantes erfahren wir von Nestor dem Seher, bei dem ich gelernt habe und dessen Lehre ich im Buch „Mouches Volantes. Die Leuchtstruktur des Bewusstseins“ festgehalten habe. In dieser Rubrik soll jeweils ein entsprechender Auszug aus dem Buch präsentiert und erklärt werden.
"Aus:
Mouches Volantes. Die Leuchtstruktur des Bewusstseins.
Auf der Grundlage der Lehre von den „Schichten des Bewusstseins“ (vgl. News 1/2012) erklärt Nestor, weshalb wir die Gegenstände in der Welt nicht wirklich erreichen können. Einen Gegenstand erreichen bedeutet zu erwirken, dass er im Bild nah und gross erscheint. Die alltägliche Art und Weise dies zu tun ist es, den Gegenstand an uns heranzuziehen oder auf ihn zuzugehen. Diese zunächst rein physische Art des Näherkommens bedingt die Konzentration und Ausrichtung unserer psychophysischen Energie: Wir bündeln unsere Kraft und aktivieren damit die entsprechenden Organe in unserem Körper. Konzentration bedeutet aber auch, dass wir Energie indirekt ins Bild geben bzw. den direkten Energiefluss zwischen uns und dem Bild unterbrechen. Was dies visuell bedeutet, kann ein Seher direkt sehen: die Dinge im Bild werden zwar intensiver (leuchtender), aber auch kleiner bzw. sie rücken weiter in die Ferne. Nestors Erklärung dieser Beobachtung ist, dass wir durch Konzentration die Bewusstseinsschichten nicht durchdringen, sondern sie nur komprimieren. Die Seher halten es deshalb für eine Illusion zu glauben, wir seien den Dingen und Menschen nahe, wenn wir ihnen körperlich nahe sind oder sie besitzen. Was Nestor
hier für den materiellen Bereich sagt, kann auch für den psychischen
gelten: Alle Arten von geistiger oder mentaler Anspannung reduziert
oder unterbricht den freien Energiefluss zwischen unserem Bewusstsein
und dem Bild. Gemäss den Sehern ist ein wirkliches Näherkommen
oder Einssein nur dann möglich, wenn die Bewusstseinsschichten durchdrungen
werden. Die Seher versuchen dies durch Entspannung in energetisch intensiven
Zuständen herbeizuführen. Damit stimmen sie im Grundsatz mit
denjenigen philosophischen und religiösen Lehren überein, die
Selbstaufgabe, Aufopferung, Hingabe, Loslassen und andere Formen der konkreten
Entspannung empfehlen. Während Entspannung in allen Lebenslagen,
Formen und Bewusstseinszuständen geübt und erlebt werden kann,
erfahren wir von den Sehern, was sie in hohen Bewusstseinsintensitäten
bedeutet – und wie sie sich im Bild visuell auswirkt. Literatur:
1988
haben zwei Archäologen die geometrischen Figuren an steinzeitlichen
Höhlenwänden als entoptische Erscheinungen erklärt. Der Psychologe David Luke wehrt sich gegen den materialistischen
Reduktionismus dieses Ansatzes: Hinter entoptischen Erscheinungen verberge
sich weitaus mehr … Die südafrikanischen Archäologen Lewis-Williams und Dowson haben mit ihrem Artikel „The Signs of All Times“ (1988) eine zwei Jahrzehnte dauernde Debatte in der Archäologie und anderen Disziplinen losgetreten. Sie führten eine elegante Theorie ein, mit Hilfe derer die geometrische paläolithische Felskunst an den Wänden europäischer Höhlen verstanden werden konnten: es handle sich um entoptische Phänomene, v.a. Phosphene und Formkonstanten, die von steinzeitlichen Schamanen während rituellen veränderten Bewusstseinszuständen gesehen und festgehalten wurden. Zwar wurde das dieser These zugrunde liegende neuropsychologische Modell mittlerweile in vielfacher Weise kritisch hinterfragt, doch ein Punkt blieb bisher praktisch unberührt: Die Annahme, dass die geometrischen Strukturen, die man in intensiveren Bewusstseinszuständen sieht, durch das visuelle Nervensystem erzeugt werden – ein Nervensystem, das sich seit 40‘000 Jahren nicht verändert habe und uns heute ermögliche, unabhängig von unserer Kultur dieselben entoptischen Wahrnehmungen zu erleben wie unsere steinzeitlichen Vorfahren.
David Luke: Die subjektiven
geometrischen Formen sind nicht „entoptisch“ (= innerhalb
des optischen Systems erzeugt),
David Luke, Psychologe und Bewusstseinsforscher an der an der Greewich University weist diese Annahme als materialistisch und reduktionistisch zurück. Der Begriff „entoptischen Erscheinungen“ beziehe sich bloss auf vereinfachte zweidimensionale Darstellungen von dynamischen räumlichen Wahrnehmungen. Luke, der eigene Erfahrungen mit DMT und Ayahuasca hat, stellt die Mehrdimensionalität der Erscheinungen fest und führt Studien mit Blinden an, die in veränderten Bewusstseinszuständen – v.a. in Nahtodzuständen – dieselben visuellen Erfahrungen machten, wie Sehende. Er schliesst daraus, dass die subjektiven geometrischen Formen nicht „entoptisch“ (= innerhalb des optischen Systems erzeugt), sondern „trans-optisch“ (über das optische System hinausgehend) sind. Sie können also auch unabhängig der visuellen Cortices, bzw. des visuellen Nervensystems erfahren werden. Dem möglichen Einwand, dass die Erfahrungsberichte über Wahrnehmungen in veränderten Bewusstseinszuständen sprachlich und somit kulturell abhängige Konstrukte sind, begegnet er, indem er diese Erfahrungen auf die Wirkung von psi-Kräften zurückführt. Für die objektiv arbeitende Parapsychologie haben solche Kräfte eine externe Quelle. Luke lässt das neuropsychologische Modell von Lewis-Williams und Dowson letztlich stehen, fordert aber die subjektiv-phänomenologische Herangehensweise an die Daten. Für ihn bedeutet dies, dass die Quelle der visuellen Erscheinungen in veränderten Bewusstseinszuständen nicht das Hirn ist. Damit eröffnet Luke die Frage nach der Natur von Bewusstsein und dessen Verhältnis zum Körper. Er greift dafür auf Konzepte von Deverux und Lommel zurück, die das Hirn als Empfänger von Bewusstseinsinhalten verstehen; mit Bergson und Huxley könnte es auch eine Art Filter sein, der die Flut von Bewusstseinseindrücken filtere – eine Funktion, die durch veränderte Bewusstseinszustände zeitweise reduziert oder ausgesetzt werden kann. Entoptische Erscheinungen werden damit in einen umfassenderen philosophischen Zusammenhang gestellt, der über die rein neurologische Sicht hinausgeht.
Die entscheidende
Frage dabei ist eine philosophische: ist der Körper die Ursache des
Geistes oder – umgekehrt – ist der Geist die Ursache des Körpers?
Bestimmt sind es die eigenen Prägungen und Erfahrungen, die uns zur
einen oder anderen Möglichkeit tendieren lassen. Es ist klar, dass
Naturwissenschaftler ohne Erfahrung mit rituell und pharmakologisch veränderten
Bewusstseinszuständen eher die materialistische Variante bevorzugen,
während Menschen mit solchen Erfahrungen eher einen göttlichen
oder geistigen Ursprung des Irdischen annehmen. Luke gehört zu den
zweiten. Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen stimme ich zu: die Quelle
der Wahrnehmungen ist das Bewusstsein, das unabhängig vom Körper
existieren kann. Und obwohl ich den wissenschaftlichen Blick „von
aussen“ als legitim erachte, glaube ich, dass nur die subjektive
Bewusstseinsforschung uns auf allen menschlichen Ebenen weiterbringen
kann. Ich bin mit Luke einverstanden, dass es nicht das Hirn ist, das
in veränderten Zuständen geometrische Strukturen erzeugt, sondern
das Bewusstsein. Durch seinen Eifer, die neurologischen Ansätze als
reduktionistisch abzulehnen, vergibt Luke jedoch die Chance, Brücken
zur Neurologie zu schlagen. Er verschliesst den Blick vor den Ähnlichkeiten
zwischen neuronalen Strukturen und entoptischen Formen. Diese Ähnlichkeiten
rufen nach einem ganzheitlicheren und umfassenderen Weltbild. Die Seher
tendieren hier zur Lehre der stufenweise Entstehung des Universums aus
einer einzigen Quelle: Es ist das Bewusstseinslicht, das auf jeder Ebene
der Entfaltung bzw. Verdichtung ähnliche Muster erzeugt, als erstes
die leuchtende Bewusstseinsstruktur und andere entoptische Formen. Daher
ist das Nervensystem nicht einfach der Erzeuger, aber auch nicht einfach
der Empfänger von entoptischen Strukturen, sondern selbst ein grobstofflicher
Ausdruck desselben Prozesses, der sog. entoptische Phänomene erzeugt
– daher ist es nicht abwegig, ähnliche Muster und Prinzipien
im Nervensystem wie in den Mouches volantes zu finden. Einfacher gesagt:
Neurologen und Seher untersuchen letztlich dasselbe: Bewusstseinslicht.
Nur auf unterschiedlichen Ebenen der Dichte und Komplexität.
Die Rubrik "Bilder des Quartals" stellt realistische, künstlerische und/oder spirituelle/religiöse Darstellungen aus verschiedenen Kulturen und Zeiten vor, die entoptische Phänomene zeigen oder durch sie inspiriert sein könnten:
Floco Tausin: Mouches volantes und andere subjektive visuelle Phänomene (2012). (Quelle)
Deshalb habe ich ein Diagramm entworfen, das den Betrachtenden erlaubt, ihre Wahrnehmungen besser einzuschätzen. Auf diese Weise soll der Austausch erleichtert werden. Auf der Grundlage der aktuellen Physiologie benennt das Diagramm unterschiedliche Arten von subjektiven visuellen Phänomenen und liefert gleich auch Bilder dazu. Diese Phänomene werden gemäss der Lehre der Seher eingeteilt und miteinander in Beziehung gesetzt – so unterscheide ich Erscheinungen, die durch „Materie“ erzeugt werden von solchen, die durch „Bewusstseinslicht“ entstehen. Mouches volantes z.B. gibt es sowohl materielle (Glaskörpertrübungen), als auch durch Bewusstsein erzeugte („Leuchtstruktur Mouches volantes“). Ausserdem stelle ich dar, wie sich die Erscheinungen in drei unterschiedlich intensiven Bewusstseinszuständen verändern. Schliesslich werden die Phänomene sowohl nach physiologischen Gesichtspunkten wie auch nach der Lehre der Seher erklärt. Das Diagramm steht seit April dieses Jahres auf mouches-volantes.com online und als Download zur Verfügung. Es ist ein Versuch der Einordnung unterschiedlicher Wahrnehmungen, ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht. Wenn ihr, liebe Leser, also bestimmte Erscheinungen oder eure eigenen Wahrnehmungen vermisst, lasst es mich wissen.
Diese Bilder findet ihr z. T. auch in der Galerie sowie im Forum, wo sie zur Diskussion stehen. Ihr habt eigene Zeichnungen von Mouches volantes oder anderen entoptischen Phänomenen (Sternchen/Kreiselwellen, Nachbilder)? Oder ihr wisst von realistischen, künstlerischen und religiösen Darstellungen solcher Erscheinungen? Dann sendet mir das Bild oder gebt mir den Tipp, ich würde es gerne im Newsletter, in der Galerie oder auch im Forum veröffentlichen.
Eine vollständige Liste mit allen bisherigen Veröffentlichungen (Monografien, Sammelbände, Zeitschriften) findet ihr auf der Website. Diese neu veröffentlichten Artikel könnt ihr im deutschen oder englischen Mitgliederbereich herunterladen.
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