Thema des neuen Buches sind wieder die Gespräche zwischen Floco, Nestor und den Seherinnen und Sehern der „linken Seite der Emme“. Erstmals begegnet Floco aber auch anderen Schülerinnen und Schülern, die das Sehen lernen. Im Mittelpunkt der Gespräche und Begegnungen steht das ganzheitliche Sehen der transparenten fliegenden Punkte und Fäden im Blickfeld, den so genannten „Mouches volantes“. Erforscht und beschrieben werden sie als Konzentrationsgegenstand für die Meditation mit offenen Augen; als leuchtende Bewusstseinsstruktur, in welcher wir einen Weg zu unserem Ursprung zurücklegen; sowie als Ursache von Erscheinungen in Natur und Kultur.
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Diese Verbindung wird auch durch die Biolumineszenz vieler Korallenarten (Arnold 2015) ersichtlich. Die Polypen von Bambuskorallen etwa leuchten nicht nur vereinzelt (vgl. Bild), sondern bei Stimulation auch als koordinierte Lichtimpulse entlang der bambusähnlichen Äste (vgl. Video). Dieses Leuchten – vermutlich zur Abschreckung von Feinden – hat seine Entsprechung sowohl im Leuchten einzelner Leuchtkugeln, als auch im „dynamischen Effekt“ der Leuchtstruktur (News 2/13; vgl. Tausin 2012).
Schliesslich ist auch die empfindliche Reaktion auf Veränderungen in der Umwelt ein gemeinsames Charakteristikum von Korallen und der Leuchtstruktur. So wie die Leuchtstruktur auf Veränderungen im psychophysischen System der Seherin oder des Sehers reagiert, reagieren Korallen als komplexe symbiotische Ökosysteme auf Veränderungen im Meer. In beiden Fällen verschwinden diese leuchtenden Strukturen durch die Verminderung von Lebensenergie: Während die Belastung des Geistes und der Raubbau am Körper die Leuchtstruktur verdunkelt, führt die Verschmutzung, Versauerung und Überfischung der Meere gegenwärtig zum Absterben der Korallenriffe. Die gute Nachricht ist, dass wir diesen Prozess durch ein bewussteres und genügsameres Leben umkehren können. Dadurch verstärken wir nicht nur das Licht in unserer Leuchtstruktur (News 1/16), sondern tragen auch zum Schutz der Korallen bei.
Shane hat sein Sehen so realistisch wie möglich dargestellt. Erkennbar sind die beiden Arten von Leuchtkugeln, ein brückeähnlicher Faden sowie das Aufleuchten und Abschwächen der einzelnen Punkte und Fäden. Letzteres entspricht einer seherischen Erfahrung: Durch längere Konzentration beginnt die Grundstruktur aufzuleuchten, was im Video insbesondere bei dem brückeähnlichen Faden gut zu sehen ist. Durch Beendigung der Konzentration verschwindet das Licht. Dies geschieht etwa durch die abrupte Änderung der Blickrichtung, kann aber auch durch das Blinzeln passieren, wie das Video zeigt. Durch die Simulation dieses Lichteffekts hebt sich Shanes Video von anderen im Internet kursierenden Mouches Volantes-Videos ab, die die Punkte und Fäden nur als Trübung darstellen. Mehr noch: Es motiviert, das Leuchten der eigenen Grundstruktur zu erforschen und zu verstärken.
Danke, Shane, für dein Video!
Die Punkte und Fäden der Leuchtstruktur sind für viele Menschen ohne weiteres zu erblicken. Doch beim flüchtigen Blick sehen wir nur wenig davon. Erst durch Neugier, Experimentierfreude und geduldige Beobachtung lernen wir unsere Leuchtstruktur kennen. Neugier bedeutet, sich zu wundern und Fragen zu stellen. Z.B.: wie genau sehen diese Punkte und Fäden aus? Wie bewegen sie sich? Wie reagieren sie auf meine Augenbewegungen? Verändern sie sich mit der Zeit? Sind es immer dieselben oder immer andere? Sind sie voneinander unabhängig, oder hängen sie alle zusammen? Gibt es auch dort Punkte und Fäden, wo ich auf den ersten Blick keine sehe?
Um manche dieser Fragen zu beantworten und die Leuchtstruktur zu entdecken experimentieren wir mit Augenbewegungen. Eine Übung dazu ist das „Mitten“, die schnelle Bewegung des Blicks von den acht Hauptrichtungen zur Mitte unseres Gesichtsfeldes. Suche einen Ort auf, an dem du in einen möglichst grossflächigen, offenen Himmel blicken kannst. Mache ein paar Aufwärmübungen (News 1/17). Dann blicke nach ganz oben und bewege die Augen mit einer starken und schnellen Bewegung zur Mitte des Sehfeldes. Verweile einen Moment in der Mitte und beobachte, was du siehst. Wenn Kugeln und Fäden erscheinen, versuche dich einen Moment auf diese zu konzentrieren. Hebe dann den Blick langsam und behutsam wieder nach ganz oben. Wiederhole diese Bewegung – schnell zur Mitte, langsam nach oben – mehrere Male und beobachte die allfällig erscheinenden Kugeln und Fäden.
In derselben Art und Weise führst du die Bewegung dann von allen anderen Richtungen aus: von oben rechts, von rechts, von unten rechts, von unten, von unten links, von links, von oben links – immer mit schneller und kraftvoller Bewegung zur Mitte, dann beobachten und den Blick langsam zur Anfangsposition zurückbewegen. Durch die aussergewöhnliche Beanspruchung der Augenmuskulatur können ggf. Schmerzen in den Augen, Unwohlsein oder sogar Übelkeit auftreten. In diesem Fall sollte die Übung abgebrochen und die Augen mit geschlossenen Lidern oder aufgelegten Handflächen (Palming) entspannt werden.
Das Mitten hilft, ein Gefühl für die peripheren und zentralen Bereiche unseres Sehens zu entwickeln. Meistens blicken wir stets auf dieselben Punkte und Fäden. Mit dieser Übung versuchen wir, die Kugeln und Fäden an den Rändern unseres Gesichtsfeldes ins Zentrum zu holen und kennenzulernen. Oft lassen sich diese Kugeln und Fäden nur schwer betrachten, da sie umgehend an die Ränder zurückgezogen werden. Andere hingegen gleiten nur langsam weg und zeigen damit das Zentrum des Sehens an – in diesem Zentrum finden wir durch Bewusstseinsentwicklung irgendwann die Quelle in der Leuchtstruktur.
- Tausin, Floco (2010): Mouches Volantes - Die Leuchtstruktur des Bewusstseins. Bern: Leuchtstruktur Verlag