Lassen sich Ökosysteme also als materielle Erscheinung der Leuchtstruktur verstehen? Die Gemeinsamkeiten, die ein Blick auf die zentralen Merkmale und Prozesse von Ökosystemen enthüllt, sprechen dafür.
Erstens sind Ökosysteme offen, insofern Energie, Stoffe und Organismen in das System eingehen oder es verlassen können. Ein Ökosystem ist also jeweils ein betrachteter Ausschnitt eines grösseren Lebensraumes. Die Ökosysteme der gesamten Biosphäre gehen fliessend ineinander über. Auch in der Leuchtstruktur können wir immer nur einen Ausschnitt aus der viel grösseren und möglicherweise grenzenlosen Struktur sehen. Kugeln und Fäden können in das Blickfeld gelangen oder daraus verschwinden, sei es durch die Anziehungskraft, durch die Bewegungen der Augen oder durch den Weg, den wir durch die Bewusstseinsintensivierung in der Leuchtstruktur zurücklegen. Und so wie Energie als Sonneneinstrahlung in ein Ökosystem gelangt und als Wärme oder Gase wieder daraus entweicht, geben wir Energie in der Form von Konzentration und Ekstase in die Leuchtstruktur und erhalten daraus reines Bewusstseinslicht.
Zweitens sind Ökosysteme dynamisch, insofern sich die Umweltbedingungen ständig verändern und die Organismen sich daran anpassen. So haben beispielsweise Dschelada-Affen im äthiopischen Hochland die Fähigkeit entwickelt, Gras zu verdauen, da es in diesen Höhen kein anderes Futter gibt. Oder bei Fischen und Molchen in Höhlen, in die kein Tageslicht dringt, haben sich Augen und Pigmente zurückentwickelt; sie registrieren ihre Beute durch Sensoren auf der Haut. Solche Anpassungen sind langwierige Vorgänge, bei denen eine Generation ihre Umweltprägungen und Erfahrungen an die nächste weitergibt. In energetisch-abstrakter Weise lässt sich dieser Sukzessionsvorgang als Sprung der Energie von einer Einheit auf die nächste begreifen, wobei die gesamte Gruppe sich erneuert und anpasst. Genau dies passiert in der Leuchtstruktur mit den sich bewegenden Fäden oder Gruppen von Leuchtkugeln: Bei näherer Betrachtung handelt es sich nicht um bewegte Kugeln, sondern um Licht, das von der einen Kugel auf die nächste springt (Tausin 2006). Dabei wird dieselbe Konstellation reproduziert, aber an die neue Situation – Bewegungsimpulse der Augen, Lokalität, Lichtverhältnis, Konzentration – angepasst.
Drittens sind Ökosysteme vielfältig und komplex. Bodenbeschaffenheit, Salz- und pH-Gehalt, Winde, Wasser, Temperatur und generell das Klima bestimmt den Lebensraum und damit die Arten von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen sowie ihre interspezifischen Beziehungen. Das hauptsächliche Interesse der Ökosystemanalyse liegt im Fluss von Energie und Nährstoffen zwischen den Organismen und ihrer Umwelt. Vereinfachend kann dieser Fluss als Nahrungspyramide dargestellt werden, die die sog. trophischen Stufen, d.h. die Stufen der Nahrungskette, zeigt: Die Basis bilden die Produzenten (v.a. Pflanzen), die aus anorganischen Stoffen und Sonnenlicht Biomasse erzeugen. Dieses organische Material steht den Primärkonsumenten (Pflanzenfresser) zur Verfügung, welche wiederum Nahrung sind für die Sekundär-, Tertiär-, usw. bis hin zu den Endkonsumenten (Fleischfresser). Die Ausscheidungen und Kadaver der Organismen werden von den Destruenten (Bakterien, Pilzen) zersetzt und in Mineralstoffe transformiert, die wiederum Nährstoffe für die Pflanzen sind. Stoffe und Energie gehen also von einem Organismus über zum nächst höheren.