Die Rezension von Dr. Christoph Bördlein im Skeptiker (Zeitschrift für Wissenschaft und kritisches Denken, herausgegeben von der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften, GWUP), 1/2006 musste nach einer Reklamation der Redaktion Skeptiker entfernt werden. Die Stellungnahme "Die Grenzen des Skeptizismus" von Floco Tausin ist weiterhin verfügbar.
Die Grenzen des Skeptizismus
Als „Skeptizismus“ wird ursprünglich eine antike griechische Philosophie bezeichnet, welche eine grundsätzlich kritische und zweifelnde Haltung als oberstes Prinzip des Denkens vertritt. Ein Skeptiker prüft Wahrheitsansprüche, mit denen er konfrontiert wird, durch kritische Analyse und Infragestellung. Es versteht sich von selbst, dass die skeptizistische Betrachtungsweise gerade für die Wissenschaften von vitaler Bedeutung ist.
Aber nicht nur. Ein gesunder Skeptizismus sollte ebenso Platz haben in der alltäglichen Entscheidungsfindung mündiger und vernünftiger Menschen; und er ist m.E. unverzichtbar für esoterisch und spirituell Suchende: Hier bedeutet Skeptizismus nicht nur ein grundsätzlicher Zweifel am übertriebenen Rationalismus und Materialismus in den gegenwärtigen gesellschaftlichen Idealen, sondern auch die Bereitschaft, eigene vorgefasste Meinungen, Vorstellungen und Erwartungen radikal zu hinterfragen – nur so wird es möglich, alternative Lebensweisen zu finden und ein echtes „Selbst“bewusstsein zu entwickeln.
Allerdings gibt es bei jedem Menschen Grenzen, was seine skeptische Haltung betrifft – und das schon nur aus praktischen Gründen: Um mit einem System, sei es ein religiöses, ein esoterisches oder ein wissenschaftliches, arbeiten zu können, müssen gewisse Voraussetzungen, Paradigmen und Axiome erst einmal vorbehaltlos angenommen werden – letztlich muss geglaubt werden, durch die entsprechenden Methoden und Denkweisen zu einem richtigen Verständnis der Realität zu gelangen und damit allenfalls aufklärend wirken zu können. Darin sind sich alle gleich, vom Klangschalen-Therapeuten über die fromme Protestantin bis zu den skeptischen und agnostischen Wissenschaftlern.
Dass wir alle irgendwo irgendwas glauben, ist Realität. Und dies muss meiner Meinung nach auch nicht einer gesunden skeptischen Haltung widersprechen, solange wir uns bewusst sind, wo und aus welchem Grund wir den Zweifel ausschliessen. Will jemand beispielsweise aus einer spirituellen Motivation heraus die These Nestors überprüfen, nämlich dass Bewusstseinsentwicklung die Mouches volantes zahlreicher, näher und leuchtender erscheinen lässt, so kann er es sich nicht leisten, eine ausschliesslich skeptische Haltung gegenüber den Mouches volantes zu haben – was anderseits auch nicht heissen soll, dass man gleich jedes Wort aus dem Munde Nestors für bare Münze nimmt oder dass man sich, sobald man den „Weg in der Leuchtstruktur beschritten“ hat, selbst nicht mehr hinterfragen muss. Skeptizismus und Vertrauen/Glauben gehören beide zu einem guten spirituellen Weg; in welchem Verhältnis die beiden stehen, bzw. in welcher Situation welche Haltung zum Zug kommt,
ist eine individuelle Gratwanderung und, verbunden mit unserer geistigen Entwicklung, einem ständigen Wandel unterworfen. Wichtig ist, wie gesagt, dass wir uns zunächst bewusst werden und darüber nachdenken, gegenüber welchen Situationen, Stimmungen, Menschen, Ideen wir welche Haltung einnehmen und warum wir dies tun – diese Bewusstwerdung alleine bedeutet bereits ein Relativieren, welches den Zweifel mit dem Glauben versöhnen kann.
Auch bei den Skeptikern der GWUP (Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V.) gibt es diese beiden Haltungen, diejenige des Zweifelns und diejenige des Glaubens. Allerdings scheinen die GWUP-Skeptiker über diese Situation nicht nachzudenken, was mitunter zu einem voreingenommenen und selbstgerechten Verhalten in der Betrachtung alternativer Glaubenssysteme führt. Ein Beispiel davon, was „Skeptizismus“ bei der GWUP bedeutet, ist die Rezension meines Buches „Mouches Volantes“, welche in der Zeitschrift „Skeptiker“ (1/2006) erschienen ist. Obwohl ich mich durchaus über die Veröffentlichung gefreut habe und dem Rezensenten dankbar bin für einige der Einwände, die ich nachvollziehen kann, empfinde ich die Mehrheit der Kritik als unbegründet. Eine kommentierte Auswahl von Zitaten aus der Rezension sollen dies veranschaulichen:
„Gesundheitliche Beeinträchtigungen, für die es keine rechte Abhilfe gibt, ermutigten schon immer Quacksalber und wissenschaftliche Aussenseiter.“
Dieser Aussage kann ich grundsätzlich beipflichten. Sie suggeriert jedoch, dass ich ein Quacksalber und/oder ein wissenschaftlicher Aussenseiter bin. Ob ich ein wissenschaftlicher Aussenseiter bin, bleibe dahingestellt. Mit „Quacksalber“ aber liegt der Rezensent falsch. Zwar musste ich bei Nestor tatsächlich, quasi als Übung, im wahrsten Sinne des Wortes lernen zu quaken, aber gesalbt wird hier nichts und niemand. Im Klartext: Wer mich oder Nestor als Quacksalber bezeichnet, missversteht die zentrale Aussage von Nestors Lehre: Wir verkaufen keine schnelle Heilung für eine gesundheitliche Beeinträchtigung, nämlich die Mouches volantes; sondern wir zweifeln zunächst an der verbreiteten Ansicht, dass Mouches volantes überhaupt eine gesundheitliche Beeinträchtigung sind (was übrigens selbst von den Augenärzten oft nicht so bezeichnet wird) und vertreten dabei die Ansicht, dass es sich um sehbare Aspekte unseres Bewusstseins handelt – eine Ansicht,
die nur individuell, in jahre- und jahrzehnte langer Übung bestätigt werden kann.
„Der Rezensent fand in diesem Buch ein Lehrstück über Wesen der Esoterik. Natürlich grenzt sich Nestor / Floco von dem Begriff „Esoterik“ ab: Der ist mittlerweile zu negativ besetzt, als dass sich der abgedrehteste Esoteriker so nennen lassen wollte. Doch im Buch häuft sich ein Versatzstück aus der Banal-Esoterik auf das andere.“
Ich denke nicht, dass man in der wissenschaftlichen Analyse von einem „Wesen“ sprechen sollte, da dieser philosophische Begriff selbst eine metaphysische Unfassbarkeit beinhaltet und die häufig vielfältige Realität unbeachtet lässt. Was heute als „Esoterik“ verstanden wird, ist jedenfalls nichts Einheitliches. Für den Rezensenten hingegen scheint es nur „Banal-Esoterik“ zu geben, denn das ist es, was er in meinem Buch, einem „Lehrstück über Wesen der Esoterik“, findet. Hier wird also eine stereotypisierte Ansicht von „Esoterik“ auf „Mouches Volantes“ projiziert, einerseits Esoterik als einheitlicher Block, anderseits Esoterik als banal.
Zwar bezeichne ich die Lehre von Nestor lieber als eine Art von Mystik, weil es letztlich um eine Vereinigung des Betrachters mit dem Betrachteten geht, aber schon nur aus praktischen Gründen kann ich mich nicht von der „Esoterik“ abgrenzen – in Buchhandlungen steht „Mouches volantes“ nun mal im Ressort „Esoterik“. Esoterisch ist mein Buch auch im ursprünglichen Sinn des Wortes, nämlich „nur für Eingeweihte zugänglich“, eigentlich von gr. esoteros = „innerlich“, einer Komparativbildung von „eiso“ oder „eso“ = innen, drin, auch im Ggs. zu „öffentlich“. Im Wort selbst bildet sich bereits das Konfliktpotential zur Gesellschaft ab: Was nicht öffentlich ist, war in der westlichen Kultur seit der Antike potentiell gefährlich und daher stets suspekt – was vielleicht bereits einen Teil der Abneigung der wissenschaftlich-skeptischen Sichtweise gegen die Esoterik erklärt,
ist die Wissenschaft heute doch eine öffentliche und machtvolle Institution.
Nun zu einigen Anschuldigungen, welche meiner Ansicht nach ein zu stark verzerrtes Bild von den Inhalten in „Mouches Volantes“ wiedergeben:
„Da ist z.B. die missbräuchliche Verwendung des Begriffes ‚Energie’“.
Ja, „Energie“ ist ein zentraler Begriff in der Lehre Nestors. Und ja, ich bin nicht in der Lage in Worte zu fassen, um was genau es sich dabei handelt, ich kann zur Erklärung subjektiver Erfahrungen bloss unscharfe philosophische und esoterische Konzepte bieten. Aber warum sollte eine solche Verwendung „missbräuchlich“ sein? „Energie“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet zunächst so etwas wie „Werk“ oder „Wirken“, was Nestors Verständnis von Energie als einer konstruktiven Kraft recht gut trifft. Missbräuchlich finde ich dagegen die unter dem Banner der „Wissenschaft“ und des „Skeptizismus“ gemachte öffentliche Totalisierung des Begriffs seit seiner Vereinnahmung durch die Physik des 19. Jahrhunderts.
„Die Psychologie des Sehers Nestor funktioniert nach dem Dampfkesselprinzip, dem psychohydraulischen Modell, das schon zu Freuds Zeiten unempirisch und in sich widersprüchlich war.“
Nestors Vorstellungen von Energie, die im Körper fliesst, einen Druck erzeugt und durch den Körper ins Bild gegeben werden soll, kann man bildlich gut als „Dampfkesselprinzip“ beschreiben. Ob Nestors „Dampfkesselprinzip“ mit demjenigen von Freud verglichen werden kann, weiss ich nicht, da ich dasjenige von Freud nicht kenne. Allerdings ist es wissenschaftlich problematisch, die Mängel eines früheren Modells auf ein neueres zu übertragen, ohne zuerst die beiden Modelle eingehend zu vergleichen. Die Widersprüche in Nestors Modell werden vom Rezensenten nicht beim Namen genannt, würden mich aber brennend interessieren.
Weiter ist der Vorwurf, Nestors Lehre sei nicht empirisch, ein weiterer Fall von unhinterfragter Repetition eines antrainierten Ideals: „Empirisch“ bedeutet in seiner ursprünglich griechischen wie auch noch heutigen Bedeutung schlicht „auf Beobachtung basierend“ und „aus der Erfahrung gewonnen“. Das Wort verweist also zunächst auf sehr subjektive Vorgänge. Nestors „Dampfkesselprinzip“ basiert nach eigener Aussage auf seiner Beobachtung und Erfahrung, und ist somit perfekt empirisch. Was der Autor wohl eher meinte, ist, dass die Lehre „nur“ subjektiv sei, im Gegensatz zu wissenschaftlichen Erkenntnissen, die sich am Massstab der Objektivität messen lassen müssen. Objektivität allerdings ist meiner Meinung nach ein Irrtum des vergangenen Jahrtausends – und wird in den heutigen Wissenschaften zunehmend in Frage gestellt, nicht nur in den Geisteswissenschaften, sondern auch in der Teilchenphysik;
der Grundtenor dabei ist, dass ein Weltbild erst dann vollständig sein kann, wenn die Rolle des Betrachters in der Analyse bzw. im Experiment berücksichtigt wird. Vielleicht könnte die Wissenschaft hier sogar von den Erfahrungen der Seher und Mystiker profitieren.
„Wie in einer Beispielsammlung können wir in „Mouches volantes“ auch die autoritäre, antidemokratische Grundhaltung der Esoterik wiederfinden: „Aber das Sehen enthüllt auch, dass es Hierarchien gibt“ (S. 271). Es gibt in der Bewusstseinshierarchie höher und tiefer stehende Wesen, es gibt Tiere, Menschen und Seher und der Adept Floco muss sich sagen lassen, dass er bewusstseinsmässig nicht höher als ein Schaf steht: „Du bisch o es Schaaf“ (S. 282).“
Kein Zweifel: Ich habe mich aufgeregt, als ich mit einem Schaf gleichgesetzt wurde. Dem Rezensenten ist allerdings entgangen, dass die Seher Sticheleien oft als Mittel einsetzen, wenn sich ein Lernender zu wichtig nimmt – und genau dies ist im Vorfeld dieser Szene geschehen. Das „Schaf“ nehme ich heute nicht mehr wörtlich, und Nestor hat seither auch nicht mehr darauf bestanden.
Auch hier arbeitet der Rezensent mit Reizworten: Spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg misstrauen wir autoritärem Gehabe, und das ist grundsätzlich gut so. In der Funktion eines Lehrers ist Nestor gewiss autoritär, aber nicht autoritärer als irgendein Chef in irgendeiner Branche. Hier wie dort gilt: Wenn du was willst (sei es Geld, ein Diplom oder spirituelle Erkenntnisse), musst du dich erst mal nach den vorgegebenen Regeln reinarbeiten; mit zunehmender Erfahrung und je nach Talent hast du die Möglichkeit, das System kreativ weiterzuentwickeln; und ansonsten steht es dir frei, jederzeit zu gehen.
Hierarchien sind eine gesellschaftliche Realität, auch in Demokratien. Im Gegensatz aber zu den üblichen Geld- und Wissenshierarchien, wo man aufsteigt, je mehr man ansammelt, funktioniert die Bewusstseinshierarchie der Seher über das Weggeben von Energie: wer gibt, steigt auf bzw. kommt weiter auf dem Weg in der Leuchtstruktur – ein grosser Unterschied, der vom Rezensenten mit keinem Wort erwähnt wird. Und genau dadurch erhält die Autorität eines Sehers letztlich auch eine andere Qualität: Diese Autorität gründet nicht primär in einem gedanklichen Wissen, welches stets mit bestimmten Absichten mitgeteilt wird; sondern im Verschenken von Energie, die direkt durch Ekstase an alle und alles im Bild verteilt wird und nicht mehr zweckgebunden ist. Auf diese Weise wird der Lernende in seinem Streben nach Selbstbewusstsein und Selbständigkeit direkt unterstützt.
Formen von Autorität und Hierarchie kommen in Nestors Lehre durchaus vor; merkwürdig ist es aber, wenn der Rezensent deswegen von einer „antidemokratischen“ Grundhaltung spricht. Oder versteht sich die GWUP, wo das Zwiegespann von Autorität und Hierarchie zweifellos auch vorkommt, etwa als antidemokratisch?
„Missioniert wird auch, schon im Buch: „Die Welt muss nicht von den Mouches volantes geheilt werden, sondern von den Unwissenden und Nicht-Sehenden“ (S. 202) und Floco Tausin setzt diese Bemühungen nicht nur mit seinem Buch sondern auch durch penetrante Werbung fort (und liefert sich z.B. einen Edit-War in der Internet-Enzyklopädie „Wikipedia“ um die Berücksichtigung seiner Interpretation der Mouches volantes).“
Selbstverständlich geht es mir darum, dieses Weltbild, von dessen Überlegenheit ich überzeugt bin, einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. Und dafür werbe ich auch, in einem mir möglichen Rahmen, wobei sich Missverständnisse nicht immer vermeiden lassen. Wie im Falle der Wikipedia: Nachdem dort der Link zur alternativen Betrachtung der Mouches volantes nach einer längeren Zeit grundlos entfernt wurde, versuchte ich zweimal erneut einzutragen, worauf ein „Edit-War“-Alarm losging, ohne dass zunächst ein Gespräch gesucht wurde. Mit Wikipedia habe ich mich mittlerweile ausgesprochen – eine Klärung, die neben dem „Edit-War“-Alarm ebenfalls in den Archiven der Wikipedia gespeichert ist, vom Rezensenten aber nicht berücksichtigt wurde.
Wie penetrant kann Internetwerbung sein? Die Newsletter, die ich versende, können mit wenigen Klicks abbestellt oder in den Papierkorb geworfen werden; die Werbetafeln auf der Strasse und in den Bussen hingegen kann ich nicht einfach wegklicken. Und wenn das Verbreiten eines Weltbildes „Mission“ ist, was ist es dann, was die GWUP mit ihrer Zeitschrift „Skeptiker“ tut, die nach eigenen Angaben die „Popularisierung wissenschaftlicher Methoden“ zum Ziel hat?
„Überhaupt scheint Floco, als er Nestors Schüler wird, psychisch nicht gerade stabil zu sein (vgl. bspw. seine sozialphobische Reaktion als er zum zweiten Mal der Seherin Iris begegnet und durch das Toilettenfenster die Flucht ergreift). Mit dieser Ausgangshypothese lese ich hier eher die Geschichte einer Laien-Psychotherapie als einer Erleuchtung.“
Mit der Gegenüberstellung von „Laien-Psychotherapie“ und „Erleuchtung“ beweist der Rezensent seine Unkenntnis über die Ausschlag gebenden Faktoren, die Menschen dazu bewegen, nach alternativen spirituellen Lebensformen zu suchen. Natürlich ist das Streben eines Menschen nach „Erleuchtung“ stets auch ein Ausdruck seiner Unzufriedenheit und Entfremdung gegenüber der sozialen Umwelt. „Glückliche“ Menschen suchen nun einmal nicht so intensiv nach „Erleuchtung“. Obwohl individuelle wie gesellschaftliche Gründe zu einer solchen Entscheidung führen, besteht die Arbeit eines Suchenden hauptsächlich an sich selbst. Der Kampf um „Erleuchtung“ und „Befreiung“ ist ein innerer Kampf und findet nicht losgelöst von der Analyse und Veränderung der eigenen Psyche statt.
Daraus aber zu schliessen, spirituell Suchende seien abnormal bis geisteskrank, wie es hier mit dem Begriff „sozialphobisch“ anklingt, ist eine natürliche Abwehrreaktion all jener, die fürchten, ihre feste „heile“ Welt könnte ins Wanken geraten, wenn sie sich näher mit solchen Ideen und Leuten beschäftigen müssten. Dieses Argument kann auf eine lange Tradition der protestantischen und agnostizistischen Ablehnung aller Mystik zurückblicken. Der Vorwurf einer „Sozialphobie“ ist jedenfalls unbegründet: Zwar gibt es Zeiten, wo ich weltabgewandter lebe, doch lebe und arbeite ich auch in meiner Gesellschaft, treffe mich mit Menschen, tausche aus. Die Flucht vor Iris kann man sicherlich verschieden interpretieren, aber hier eine Sozialphobie zu sehen, ist an den Haaren herbei gezogen.
Weiterhin deuten die polemischen Bezeichnungen „Adept“ und „Prophet“ für Floco an, dass ich ein naiver, willenloser Typ bin, der einem spirituellen Führer verfallen ist. Auch hier wird das Bild verzerrt durch das, was auf der anderen Seite verschwiegen wird: So ist es der Zweifel, der mich die wissenschaftliche Sicht der Mouches volantes aufarbeiten lässt, der mich Nestor und seinen Ideen auch immer wieder misstrauen lässt, der mich auch an mir selbst und meinem eigenen Verhalten zweifeln lässt. Auch dies wäre aus „Mouches Volantes“ herauszulesen. Die Botschaft soll lauten: Zweifeln gehört unbedingt dazu, ist aber nicht der Weisheit letzter Schluss.
Alles in allem vermisse ich beim Rezensenten ein kritisches Bewusstsein der eigenen skeptizistischen Ideologie gegenüber. Dies könnte zur Erkenntnis führen, dass es auch bei einem Skeptiker Grenzen gibt, wo jenseits davon nicht mehr weitergefragt wird, wo die eigene Arbeitsweisen und Denkweisen nicht mehr hinterfragt werden; und dass dies möglicherweise dadurch begünstigt wird, dass man offiziell aus einer „skeptizistischen“ und „wissenschaftlichen“ Position heraus schreibt, die das Recht von vornherein auf ihrer Seite hat. Nur durch dieses fehlende kritische Bewusstsein kann ich mir die unwissenschaftliche Arbeitsweise in dieser Rezension erklären, insbesondere die hemmungslose Bezugnahme auf Stereotypen und Reizworten wie „autoritär“, „hierarchisch“, „antidemokratisch“, „psychische Labilität“, „sozialphobisch“, „missionieren“ und „Quacksalberei“.
Diese Stereotypen sind von Anfang an obligate Bestandteile einer undifferenzierten Sicht der „Esoterik“ des Rezensenten. Sie werden auf die Ideen in „Mouches Volantes“ projiziert und durch einseitige Betrachtung, v.a. durch die fragwürdige Isolation einzelner Sätze auch gefunden. In dieser Stellungnahme habe ich gezeigt, dass sie im Grossen und Ganzen nicht zutreffen.
Dass der Rezensent den Skeptizismus für das ultimative Heilmittel für unsere durch „Scharlatanerie“ bedrohte Gesellschaft hält und aus dieser Perspektive heraus polemisch und undifferenziert negativ über „Mouches Volantes“ schreibt, ist legitim und das kritisiere ich auch nicht. Problematisch wird es für mich dann, wenn so etwas als „Skeptizismus“ und „Wissenschaftlichkeit“ einer breiteren Öffentlichkeit verkauft wird – und das in einer Zeitschrift, die ausdrücklich den Anspruch hat, „den Wahrheitsgehalt von parawissenschaftlichen Behauptungen kritisch, undogmatisch und mit wissenschaftlichen Methoden“ zu hinterfragen. Ich kann mir vorstellen, dass der „Skeptiker“ die Erwartungen einer geneigten Leserschaft erfüllen muss und allenfalls einen Ruf zu verlieren hat, wenn er Ideen und Ideale, die unweigerlich das Label „Esoterik“ tragen,
mit zu viel Unvoreingenommenheit und wissenschaftlicher Distanziertheit betrachten würde. Sollten die Grenzen des Skeptizismus, wie es scheint, den GWUP-Skeptikern noch nicht bewusst geworden sein, hier zeigen sie sich nun in aller Deutlichkeit.